A. Schluchter (Hg.): Der Kanton Solothurn im Bild 1980-1995

Cover
Titel
Der Kanton Solothurn im Bild. Unterwegs mit Fotoreporter Alois Winiger


Herausgeber
Schluchter, André
Erschienen
Zürich 2021: hier + jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte
Anzahl Seiten
175 S.
Preis
CHF 39.00
von
Fabian Saner

Das Buch mit Fotos des ehemaligen Zeitungsreporters Alois Winiger illustriert den Wandel im ausgehenden 20. Jahrhundert. Die von ihm und André Schluchter (Redaktor der 2018 erschienenen Solothurner Kantonsgeschichte) ausgewählten Bilder in Schwarz-Weiss entstammen der Arbeit Winigers für die Solothurner Zeitung zwischen 1980 und 1995; das Archiv aus 88000 Negativen liegt inzwischen im Staatsarchiv Solothurn. Das Buch zeigt unterschiedlichste Motive: personen- oder anlasszentrierte Sujets wie Porträts oder Pressekonferenzen ebenso wie Landschafts- oder Industriefotografen, die in der Bildkomposition einen visuellen Anspruch unterstreichen. Nach Stichworten alphabetisch geordnet, sind sie von kurzen Texten begleitet, die Anlässe, Personen und Motive erläutern und so das Bild in den historischen Zusammenhang stellen. «Der Region eine Stimme geben» – so lautete die Arbeitsdevise von Alois Winiger. Meist für die nächste Ausgabe der Zeitung geschossen, erweisen sich die Bilder dieses erst in letzter Sekunde geretteten Archivs der Pressefotografe im Nachhinein als Signatur des Wandels in den Regionen des Kantons, im Hauptort und im bernischen Umland. Weil die Solothurner Zeitung den Anspruch hatte, im ganzen Kanton präsent zu sein, wurde der Fotoreporter in die Dörfer ausgeschickt. Im Verschwinden begriffene ländliche Arbeitsformen und Lebensweisen, wie die tägliche Lieferung der Milch in die Dorfkäserei durch die Bauern, die Viehschau oder die Hofversteigerung, sind ebenso dokumentiert wie die teils noch kompakten, teils in die Landschaft ausfransenden Ortsbilder, Einblicke in den Fabrikalltag in der niedergehenden Solothurner Grossindustrie, kulturelle Höhepunkte wie das kantonale Jubiläumsspiel 1981 mitsamt AKW-Gegnern als Theaterakteuren auf der Treppe der Solothurner Kathedrale oder Alltagsszenen aus Arbeits-, Schul- und Sozialleben. Ein Wiedererkennungsmerkmal auf vielen Aussenaufnahmen ist die Hügelkette des Juras als das prägendste Landschaftsmerkmal des Kantons.

Die Bilder vermitteln, gerade auch in unscheinbaren Motiven wie neu angelegten landwirtschaftlichen Fahrstrassen, den Eindruck unabgeschlossener Veränderungen: Noch sind die Überreste von Arbeits- und Lebensformen in der Landwirtschaft und im Dorfhandwerk festgehalten, die dreissig, vierzig Jahre später definitiv verschwunden sind. Die 1980er-Jahre manifestieren sich in einer brummenden (Konsum-)Wirtschaft und ihren Kehrseiten wie Abfalldeponien oder in neuen Einfamilienhaussiedlungen an sonnigen Lagen. Dem steht die Krisenstimmung Mitte der 1990er-Jahre gegenüber, als der Kanton nach dem Untergang der Kantonalbank in eine schwere finanzielle Schieflage geriet und angedrohte Spitalschliessungen für Proteste sorgten. Daneben weisen die Bilder auf Phänomene hin, die nach wie vor ungelöst sind wie die Umweltbelastung und die Auswirkungen des Flächenkonsums oder zum ersten Mal ins Bild rücken wie etwa Umschulungskurse am Personal Computer.

Zwei Essays von Schluchter und Winiger geben Auskunft zur Arbeitsweise auf der Zeitungsredaktion in den 1980er- und 1990er-Jahren und zum Stand der fotografischen Technik vor dem Anbruch des digitalen Zeitalters. Winigers Bilder sind zugleich Ausdruck eines boomenden Lokaljournalismus und der starken Verankerung der Regionalpresse im gesellschaftlichen Leben am Ende des 20. Jahrhunderts. Einige der abgedruckten Bilder hätten etwas besser bearbeitet werden können. Das Buch vermittelt auf anschauliche Weise Zeitgeschichte, in die sich Interessierte in neuen und aktuellen Standardwerken zur Solothurner Kantons- und Stadtgeschichte weiter vertiefen können.

Zitierweise:
Fabian Saner: Rezension zu: Schluchter, André (Hrsg.): Der Kanton Solothurn im Bild. Unterwegs mit Fotoreporter Alois Winiger. Zürich: Hier und Jetzt 2021. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 84 Nr. 1, 2022, S. 50-51.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 84 Nr. 1, 2022, S. 50-51.

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